Donnerstag, 30. August 2012

Verlassenes Gut Windberg bei Altershausen, nahe Königsberg in Unterfranken

Auf dem Weg zu den Burgruinen Rotenhan, Raueneck, Lichtenstein und Altenstein bei Ebern (Landkreis Haßberge), nahe an der Grenze zu Oberfranken entdeckte ich zufällig vor 10 Jahren dieses schon lange verlassene und verfallene Hofgut.

Es handelt sich um das Gut Windberg, unweit der Ortschaft Altershausen bei Königsberg in Bayern.
Bereits im 12. Jahrhundert wurde das Hofgut mehrmals urkundlich erwähnt. 1632 mitten im 30-jährigen Krieg wurde der Hof geplündert. Wieder in Stand gesetzt wurde er sicherlich bis ins 19. vielleicht sogar 20. Jahrhundert bewirtschaftet und bewohnt. Gut möglich das dieses Hofgut nur der letzte Rest einer ehemals größeren Siedlung war, welche schon früher aufgegeben wurde.

Schön lassen sich vor allem am Wohngebäude die verschiedenen Bauphasen ablesen. Mindestens einmal wurde hier angebaut und später aufgestockt. Die noch vorhandenen Fensterumrandungen können wohl dem 17. Jahrhundert zu geordnet werden. Noch sichtbare, aufgemauerte Backsteine lassen durch ihre Form und Aussehen auf Veränderungen im 19. Jahrhundert schließen.
Die Grundmauern und das Kellergewölbe stammen sicherlich noch aus der Gründungszeit. Im Innern des Wohnhauses finden sich noch Reste von Dachgebälk, Ziegeln und Fachwerkwänden.

Im ähnlichen Zustand waren  alle Gebäude noch vor 10 Jahren. Inzwischen wurde in den ehemaligen Wirtschaftsgebäuden und Stallungen aufgeräumt. Die dort eingebrochenen Dachstühle und -ziegel sind beseitigt. Teilweise wurde das Material zum Bau kleiner Unterstände benutzt. Am Rand des Hofes sind zwei größere Holzscheunen errichtet worden. Platz für die neuen Bewohner - eine Ziegenherde, und sie ist hier wohl noch immer hin und wieder daheim, sonst wäre das Gelände längst völlig verwildert.









In unmittelbarer Nähe des Wohnhauses finden sich noch Mauerreste von zwei kleineren Gebäuden, welchen Zweck sie dienten ist heute schwer zu sagen.


Gegenüber, auf der anderen Seite des Hofes liegen die beiden großen Wirtschaftsgebäude.
Das ältere, mit gröberen ungleichmäßigen Bruchsteinen gemauerte Gebäude weißt Schießscharten ähnliche Öffnungen auf. Überhaupt macht der Hof auf einer kleinen Anhöhe, mit seiner noch teilweise vorhandenen Umfassungsmauer, einen wehrhaften Charakter.

In der Mitte des Hofes steht der Stumpf einer alten Linde, sicher wurde sie gepflanzt in der Entstehungszeit des Gehöfts.
Vor einigen Jahren war noch etwas Leben in dem Baum - als Brennholzlieferant wurde er scheinbar am Ende vom Blitz getroffen. Neben dem Baumtorso entdeckt man den  notdürftig abgedeckten Hofbrunnen.

Gab dessen Wasser dem Hof auf dem Berg einst seinen Namen?
Gut möglich. Es gibt zwei unterschiedliche Deutungen zur Namensgebung des Hofes.

Eine ältere Deutung verweist auf den slawischen Volksstamm der "Wenden" (="Winden").

Gutshof Windberg - also der Berg der Winden? Wie gesagt eine Deutung, den die Siedlungsgebiete der Wenden (heute = Sorben) lagen und liegen weiter östlich und sie waren hier nie seßhaft.









Wahrscheinlicher ist die Ableitung vom prähistorischen Wasserwort "wind" (wend, wand) = "Wasser, Sumpfwasser" So gab das Wasser am Berg ihm wohl seinen Namen.






Wie lange mögen die letzten Reste von Gut Windberg wohl noch stehen und der Witterung trotzen? Eindrucksvoll und zugleich bedrückend ist der fortschreitende Verfall von 2002 - 2012,
Leider gab es in all den Jahren auch Pläne das Hofgut als Teilstück in einer Golfanlage praktisch aufzulassen. Zum Glück wurde mit dem Bau der Anlage nie begonnen und es blieb bei den Planungen.

Am Ende noch ein Dank an dem Betreiber der Homepage: www.unterpreppach-franken.de für die Infos zum Hofgut Windberg und die Hilfe beim "Wiederentdecken" des Hofes nach 2002.

Vielleicht weiß ja jemand noch mehr über die Geschichte dieses Gutes?
Ich freue mich über Kommentare hierzu.

Den kompletten Bildsatz zum Gut Windberg aus den Jahren 2002 und 2012 kann man hier ansehen >>>


13 Kommentare:

  1. Sagenhafter Fund! Das Gut wollte ich vor Jahren mal aufsuchen, hab's dann aber doch sein gelassen. Hoffentlich wird es nicht ebenso schmählich verschwinden wie Ottershausen.

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  2. Danke für die Informationen und die schönen Bilder.
    Ich bin dort schon oft vorbeigefahren und wußte bisher nichts darüber.

    Grüße ...

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  3. Toller Fund! Die fenster scheinen frühes 18. Jh. zu sein.
    Bei Margetshöchheim am Main ist übrigens das Firmengelände Götz mit vielen hallen, das leer steht, da möchte ich mal reinkommen, wenn ich wieder gesund bin. und solange ses leer steht. es gibt Pläne seitens des Ortes, das Areal neu zu nutzen.

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  4. Das Gut Windberg gehörte einst zum sächsischen Amt Königsberg (Königsberg i. Bay., einige Kilometer entfernt). Unterlagen zu diesem Gut befinden sich im Staatsarchiv Coburg. So wird es auch mehrfach in den Amtsrechnungen (überliefert seit 1486) erwähnt. Zu Windberg gibt es auch Beschreibungen und Inventare aus dem 17. Jahrhundert.
    Außerdem sind mir Fotografien aus der Zeit um 1900 bekannt, auf denen das Gut zu sehen ist und noch vollkommen besteht (möglich, dass es aber schon baufällig war).

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  5. Ich habe nun ein paar Informationen zusammen gesucht.
    In der ältesten bekannten Rechnung des Amts Königsberg findet man:

    "Außgabe des Gebewes:
    4 [Pfund] 10 [Pfennige] Leinn [Name des Handwerkers] 6 1/2 Tag am Schaffhaus zu Windberg geerbert, den Tag 20 [Pfennige].
    1 [Pfund] 24 [Pfennige] Clasen Leinn 3 Tage seynem Bruder geholffen zu Windberg, den Tag 28 [Pfennige].

    Außgabe Gesindlonns:
    1 Gulden dem Forster zu Windberg fur 6 Eln Duchs [6 Ellen Tuch]"

    Im Jahr 1510 wurde im Königsberger Erbbuch festgehalten, welche Einkünfte an den Königsberger Vogt oder Amtmann als Besoldung gingen. Dazu gehörte auch Windberg:
    "Windberg der Hof, hat 24 1/4 [Acker] Wiesen, 163 [Acker] 8 Gerten Artfeld, auch die Schäferey auf 400 Schaaf oder mehr, 1 Visch-Gruben zu Windberg."
    (Acker und Gerten sind alte Flächenmaße)

    Es gibt eine weitere Baurechnung aus dem Jahr 1512:
    "Außgabe Gebews gein Windberg uff den Hoffe
    5 [Pfund] 4 [Pfennige] Hanns Zymmermann 5 1/2 Tag den Stadell zu Windberg gehobenn und auff gericht, als der Stadell gehenckt und geseget.
    4 [Pfund] Anthonn funff Tag i[h]m geholffen zu sulcher Erbert zum heben, den Tag 24 [Pfennige].
    3 [Pfund] Ennndren Kornn funff Tag in ob gemelter Erbert geholffenn, den Tag 18 [Pfennige].
    2 Gulden 2 [Pfund] 24 [Pfennige] Hanns Dillingern zu Unffinnt [= Unfinden] geben, die Stuben im Hoffhaus in die Rigell gemeuert [= das Fachwerk ausgemäuert], auch den Gibell gemachett, auch eynen Offen Fuss und eynen Hert [= Herd] alles bey eygner Koste [= eigene Verpflegung] und i[h]m verdinget."

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  6. Im Jahr 1517 ist der Schäfer von Windberg "vom Hoff" entlaufen und musste wieder aufgegriffen werden.
    Im selben Jahr wurde mit Fuhrwerken auch Brennholz (Scheitholz) von Windberg aufs Schloss Königsberg transportiert.
    1519 sagte Hans Schelcher, der alte Förster zu Windberg, in einem Prozess als Zeuge aus.

    1573 26 Gulden Einnahmen aus dem Verkauf von Bauholz zu Windberg.
    1574 Transport von 30 Fuhren Brennholz von Windberg auf das Schloss Königsberg.

    1544 werden 18 Fuhren Bauholz von Windberg aufs Schloss Königsberg gebracht, für dortige Baumaßnahmen.

    1585 gibt es eine Zwangsvollstreckung gegen den alten Hofbauer Jacob Emblein zu Windberg.

    1589 wird ein neuer See zu Windberg "erbauet".
    Ebenfalls Ende des 16. Jahrhunderts ein neues Forsthaus errichtet.

    1599 befinden sich auf dem Hof zu Windberg 300 "eißerne" Schafe.

    1616 sind es noch genauso viele, "nemblichen 145 Traag Schaaff, 45 Hemmell und 100 Lämmer unnd Järling".

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  7. Aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts gab es (und gibt es vllt. noch heute im Staatsarchiv?) einen "Grundtrieß deß Forwerckhs undt Schäfferey Windtberck, sambt den zu gehörigen Äcker, Wiesen undt Gehültzen".

    In das Jahr 1658 datiert ein "Inventarium über das reparirte Fohrwerck, Schäfferey undt Forsthauße zu Windtbergk".

    Folgende Gebäude werden dort genannt:
    "Im Forsthause" - "Im Eingang", "in der Stuben (ein Kachelofen)", "in der Cammer daran", "in der Küchen"

    "Im Pferdtstall", "ufm [Dach-]Boden", "in der Cammer zur rechten Handt", "in der Cammer zur lincken Handt", "im Stadell", "im Keller", "in zweyen Viehställen", "der Backoffen"

    "Der Schweinstall im Hofe"

    "Im Hoffbauershause" - "Im Eingang des Hauses", "in der Stuben (ein Kachelofen)", "in der Cammer", "in der Küchen", "im Ochstenstall", "in dem Viehstall", "uffm Boden", "in dem Hofe", "im Stadell"

    "In des Schafmeisters Wohnhause" - "in der Stuben (ein Kachelofen)", "in der Cammern", "in der Küchen", "in der Kesecammer", "im Stall daran", "uffm Boden", "im Schafestall", "im Schafstall inwendig".


    Aus der Zeit um 1670 gibt es eine Beschreibung des sächsischen Amts Königsberg, darin ist zu lesen:

    "Fohrwergk Windbergk, hierzu gehöret an Gebäuden:
    Ein Hauß, so in Anno 1663 neu eingedecket und ahm Fundament und sonsten nothdürfftig und mit Bestande außgebeßert worden.
    [...]
    Wie es mit Waßer versehen:
    Das Forsthauße Windberg gebrauchet sich gleicher Gestalt wie das Fohrwergk und Schäferey des kleinen Seeleins, so drey Viertel Acker und Virttehalbe Gertten hält, und jederzeit zur Viehetränck und dergleichen notthürfttig besage alten Erbbuchs de Anno 1510, pag. [= Seite] 331, gebrauchet worden ist, wie auch des darbey vorhandenen Brunnens, hatt auch einen besondern Brunn in dem daran gelegenen Wießgartten, so aber nicht eingefaßet und außgemauert worden, auch zur Sommerszeit mehrentheils austrocknet.

    Wer darinnen wohnet: Jetziger Zeit wird das Forsthauß von dem Forstknecht Georgen Leidnern bewohnet.

    Beschreibung des Gehöltz [Flurnamen der Wälder, die zum Forsthaus Windberg gehörten:
    Schirlitz, Kleheleiten, Lautereichen, Dietterichsschlag, Heiligenholz, Herrnbergk, Beulbergk, Steinbergk, Münchsbergk, Bühlbergk, Hohlspitzen, Kalckofen, Ritterholtz beym Träncktroge, Hohe Roth, Fuchsholtz, Erlesdorfer Holtz.

    Das Windberger Teichlein helt drey Viertels Acker, virthalbe Ruthen, wird mit einem Schock [Fisch] besezet und jezo ausßgereumet und wiederum zugerichetet, nach dem der Schilff sehr überhand und am Thor Schadenn genommen hatt [d.h. das Schilf hat das Tor beschädigt]."

    1832 steht im Lexikon vom Königreiche Bayern geschrieben (S. 1096):
    "Windberger-Hof, ein, der Universität Würzburg gehöriger Hof, im inklavirten Herz. Sächs. Amte Königsberg, 3 Stunden von Hassfurt entfernt, mit Wohn- und Ökonomiegebäuden und Schäferei."


    Zumindest für das späte Mittelalter/frühe Neuzeit scheint es eine enge Verbindung von Schloss Königsberg und "Vorwerk" Windberg gegeben zu haben. Vor allem Bau- und Brennholz wurden von Windberg nach Königsberg gebracht; die Bewohner des Guts waren Bedienstete des Amts Königsberg, die Einkünfte zählten zum Amt.


    Ein Vorwerk ist übrigens laut Adelung (Grammatisch-kritisches Wörterbuch, 1793) "ein von einem Landgute abgesondertes und vornehmlich zur Viehzucht bestimmtes Stück, welches als ein eigenes Werk, oder eine eigene Anstalt betrachtet wird. Ein Meierhof. Ein Vorwerk bestehet gemeiniglich aus einigen von einem Hauptgute abgesonderten und mit den dazu nöthigen wirthschaftlichen Gebäuden versehenen Ländereyen. Es führet den Namen ohne Zweifel daher, weil es sich gemeiniglich vor dem Hauptgute befindet [...]."

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  8. Vielen Dank Michael Klug,
    für die vielen Infos zum Gut Windberg.
    Es ist wunderbar via Internet Leute zu finden, die zu vergessenen alten Gemäuern so viele Infos bereit stellen können.
    Gruß aus Würzburg
    Wolfgang

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  9. Ich bin auf dem Windberg aufgewachsen,von 1947 bis 1955 bin ich jeden Tag 2x in die Schule nach Altershausen gegangen.Ich war damals am Windberg das einzigste schulpflichtige Kind.

    Nach Beendigung der Volksschule haben meine Eltern und ich den Windberg verlassen.
    Wir bewohnten damals das Haus unterhalb dieser Ruine.

    Danach muß das Gut noch mindesten bis in den 60igern bewirschaftet worden sein.Auf Grund einer tragischen Familiengeschicht wurde das Gut vernachlässigt und dann aufgegeben.
    Es war ein sehr schönes bäuerliches Gut,mit vielen Tieren und vor allem liebenswerten Menschen.

    Diese Seite habe ich zufällig gefunden und es macht mich sehr wehmütig die Reste eines, ehemals so schönem Anwesen zu sehen.

    Heute bin ich 72 Jahre.

    Herzliche Grüße aus der Oberpfalz

    Lia

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    1. Hallo,
      im 19. Jahrhundert soll Johann Kern mit Ehefrau Dorothea Wendler und Kindern in Windberg gelebt haben. Deren Sohn Johann Friedrich (Andreas?) Kern zog Mitte des 19. Jahrhunderts nach Königsberg - Holzhausen und gründete dort mit Katharina Elisabeth Gaeb eine Familie.
      Über weitere Informationen zu Fam. Kern wäre ich sehr dankbar.
      MfG
      U. S.

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    2. Mein Vater, Anton oder Toni lebte und arbeitete of dem Hof als Kind. Geboren 1930, ging zur Schule in Altershausen. Seine Eltern, Familie wohnten in Hassfurt auf dem Fuchshof, das jetzt nabh dem Abriss ain Altersheim ist. Als Kinder fuehrten uns unzählige Spaziergänge zum Wiberg! Geschichten über das Leben, den Krieg, die Besitzungen Wald, Wiesen und Äcker. Sollte in einen Golfplatz umgewandeld werden, aber ich glaube die Pläne wurden nie durchgeführt.

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  10. in den späten 1970er jahren habe ich hier, im damals noch weitestgehend intakten gebäude (dachziegel zumindest teilweise halbwegs vorhanden),ein buch über forstarbeit herausgegraben. demnach ist es möglich, dass in der ersten hälfte des 20.jahrhunderts hier eine art försterwohnung bestanden hat.

    Beziehungen zum schafhof in königsberg ("erkenbrechtshausen") reichen ins frühe 12. Jahrhundert. dort über vermutlich zwei generationen "de erkenbrechtshuson" männlichkeiten, die besitzungen in seidenhausen, altershausen und windberg hatten.
    nicht zu vergessen, die alte wallfahrt nach erbrechtshausen (sogen. turmhügelburg) der prappacher (kath. gemeindemitglieder).
    Und herzliche grüße in die oberpfalz

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  11. Habe Gut Windberg vor kurzem besucht: die Gebäude sind nur noch zu erahnen und werden wohl bald ganz verschwunden sein.
    Nach meinem Kenntnisstand wurde meine Urgroßmutter Johanna Haßfurter 1870 hier im Gut geboren; (Mutter: Ann Dorothea Barth, Vater Johann Haßfurter)
    Sie lebte bis spätestens 1899 hier oder im benachbarten Königsberg, ehe sie nach Nürnberg zog, um meinen Urgroßvater zu heiraten.
    Kann dazu jemand einen Hinweis oder sonstige Informationen geben.
    Danke im voraus.

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