Mittwoch, 14. März 2012

Fichtelhof in Würzburg mit Luftschutzraum

Der Fichtelhof in der Bronnbacher Gasse, geprägt und entstanden im späten 17. Jahrhundert über einem älteren Kern, zählt zu den wenigen Höfen welche nach der Zerstörung Würzburgs am 16. März 1945 wiederaufgebaut wurden.

Die Brandnacht überstanden hat daneben bis zum heutigen Tag ein noch fast original erhaltener Luftschutzkeller, des bis auf die Grundmauern abgebrannten Hofes.

Die 3-flüglige Anlage, die sich heute im Privatbesitz befindet verfügt auch nach dem Wiederaufbau von 1949-1957 über seine stattliche barocke Straßenfassade an der Nordseite.

Der dreigeschossige Bau verfügt über 7 Fensterachsen. Die zwei- bzw. dreigeteilten Fenster haben barocke Umrandungen aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts, darüber geschwungene stuckierte Verdachungen von 1724, außerdem im 1. Obergeschoss stuckierte Umrandungen mit „Ohren“ im typischen Stil der Petrinizeit.

In der Mittelachse das große Portal, beidseitig mit prägnanten Pilastern. An der Decke der Torhalle befinden sich heute Wappen und Stuck der Nachkriegszeit.

Der östliche Flügel ist teilweise in ursprünglicher Einteilung und Form wiederaufgebaut und verfügt noch über eine alte barocke Türeinfassung, sowie seitlich über zwei Fensteröffnungen im gotischen Stil. Der westliche Flügel dagegen ist in großen Teilen ein Nachkriegsbau, aber seitlich noch mit einer frühbarocken Türeinfassung versehen. An der südlichen Schmalseite des Hofes befindet sich eine rekonstruierte Balustradenterrasse, mit barocker Steinfigur und Steinvasen.


Die erste urkundliche Erwähnung des Hofs findet sich im 12. Jahrhundert als Haus des Ritter Heinrich Wolfholt (1144 und 1165)
1296 wird der Hof verkauft an das Zisterzienserinnenkloster Himmelspforten
Nach dem Dreißigjährigen Krieg gelangt er im Besitz des Würzburger Ratsherrn Lanius, der damit begann den Hof barockisieren zu lassen.

Nun beginnt die Zeit des eigentlichen Namensgebers des Hofes:

1722 wird das Anwesen geerbt vom damaligen Hofrat Franz Ludwig von Fichtel (Hofrat unter den Fürstbischöfen Johann Phillip von Greifenklau, Johann Phillip Franz von Schönborn und Christoph Franz von Hutten) ab 1729 – 1746 stieg Ludwig von Fichtel schließlich unter Fürstbischof Friedrich Karl von Schönborn zum Kabinettssekretär und Hofkanzler auf.

Es war die Blütezeit des Barock in Würzburg unter dem großen Baumeister Balthasar Neumann. Fichtel war mit Neumann eng verbunden, befreundet ja sogar sein Trauzeuge. Oft wird deshalb behauptet dass der Fichtelhof ein Werk Balthasar Neumanns sei. Das ist aber nur bedingt richtig.

Denn stilistisch trägt die Fassade von nun an die Handschrift des Wiener Barockbaumeisters Lucas von Hildebrandt. Die Umsetzung dieser Planung könnte freilich unter der Regie von Neumann gestanden haben.
Dieser Wiener Stil des frühesten Rokoko ist sicherlich außergewöhnlich an einer Fassade in Würzburg. Ähnlich gestaltete Höfe finden sich heute noch in Wien z. B. Penzingergasse 34 (Töpflerhaus) oder das Palais Carviani Bräunerstraße 8 oder das Palais Kinsky (Freyung 4)

Auch für das barocke Treppenhaus aus dieser Zeit findet sich ein Beispiel in Österreich (Schloss Mirabell in Salzburg)

1747 werden Fichtel und Neumann durch den schon kränklichen Fürstbischof Igelheim kurzzeitig entlassen.
 1749 wird Fichtel als Chef der Hofverwaltung und Neumann als Baumeister wieder geholt vom neuen Würzburger Bischof Karl Phillip von Greifenklau.

Fichtel stirbt 1758 aber noch heute ziert sein Wappen mit der Fichte das reichgeschmückte Portal des Hofes.

1762 verkauft die Witwe Fichtels den Hof an das Kloster Oberzell.
Bis 1803 bleibt dieser in dessen Besitz und wird jetzt als sogenannter „Neuer Oberzeller Hof“ von in Würzburg studierenden Patres bezogen.

Nach der Säkularisation folgt zunächst eine Epoche mit vielen Besitzerwechseln. In dieser Zeit erfolgt auch der Verkauf des barocken Inventars und 1901 sogar der Abverkauf des herrschaftlichen Treppenaufgangs im Rokokostil. Einige Jahre später wanderte dieses Treppenhaus  ins Germanische Nationalmuseum nach Nürnberg.
Abgüsse dieser Originaltreppe samt Figuren wurden 1972 wieder am alten Würzburger Standort als großzügig angelegte Treppe eingebaut.

Der Hof verfügte einst auch über eine Hauskapelle (ab 14. Jahrhundert unter Kloster Himmelspforten) In welchem Trakt diese Kapelle einst war, lässt sich nach all den Jahrhunderten mit Umbauten, Verkäufen des Inventars und Zerstörungen nicht mehr sagen. Eine neue Hauskapelle wurde 1970 im Ostflügel eingeweiht.

Nach den Zerstörungen des 2. Weltkrieges wurde das Anwesen in 3 Bauphasen wieder aufgebaut.

"Glücklicherweise" wurden beim britischen Großangriff des 16. März 1945 nur relativ wenige Sprengbomben abgeworfen. So überstand die barocke Außenfassade das Bombardement fast unbeschadet. Freilich wurde der Hof im Innern wie 90% der Gebäude von Würzburgs Innenstadt ein Raub der Flammen. Viele tausend Stabbrandbomben, welche auf das Stadtgebiet Würzburgs niederregneten, ließen auch hier alles bis auf die Grundmauern abbrennen.

Überstanden  haben den Angriff aber alle Kellergewölbe bis auf ein kleineres Gewölbe im Westflügel was unter der Last des Schuttes Jahre später einbrach.
Die Hof verfügt noch heute über 2 große und recht tiefe Gewölbekeller deren Entstehungszeit mit großer Wahrscheinlichkeit im Mittelalter (12.Jahrhundert) anzusiedeln ist und welche damals üblicherweise als Wein- und Kornspeicher genutzt wurden.

Einer dieser Gewölbekeller wurde im 2. Weltkrieg als Luftschutzraum ausgebaut und genutzt.

Ab 1940 wurden Hauseigentümer in ganz Deutschland aufgefordert Maßnahmen zum Luftschutz zu treffen. Es wurden in den Kellern soweit möglich Mauerdurchbrüche zu den Nachbarkellern und Notausstiege zur Straße geschaffen, Kellerfenster wurden zubetoniert, Holztüren durch Eisentüren ersetzt und zusätzliche Stützen in den Kellerräumen angebracht.







Gerätschaften zum Brandschutz und Notverbandskästen mussten in den Räumlichkeiten vorhanden sein.

Zur Kennzeichnung der Luftschutzräume wurden an den Außenfassaden weiße Markierungen angebracht, die auf Luftschutzräume (LSR) und Notausstiege (NA) hinwiesen. Die Markierungen mussten bis zum 1. Stock reichen, damit die Hilfsmannschaften im Ernstfall in der Lage waren die Schutzräume ausfindig zu machen.

Noch heute verfügt der ehemalige Luftschutzkeller des Fichtelhofs über den vorgeschriebenen Mauerdurchbruch zum Nachbaranwesen, sowie über die Notausstiegstüre zur Straßenfront hin.

Am Kellereingang befindet sich noch eine von ehemals zwei Stahltüren welche die sogenannte Schleuse (auch Luftschleuse oder Gasschleuse genannt) bildeten.
An den Wänden des Kellers steht indes noch immer warnend geschrieben:
„ Rauchen verboten ! “ - „ Ruhe bewahren ! “ - „ Kein offenes Licht ! “

Ausgelagertes Porzellan wurde damals üblicherweise in Holzkisten verpackt, neben Holzwolle wurden natürlich auch altes Zeitungspapier verwendet – wie man auf einem Foto sieht, hier vor allem Zeitungspapier aus dem Jahr 1943 (Schlacht im Raum von Bjelgogrod und Orel)

Etwa 30 Personen überlebten in diesem Keller die Bombennacht des 16. März 1945, vor allem auf Grund der Tatsache, dass diese relativ kurz nach Ende des Angriffs die Flucht ins Freie hin zur Stadtgrenze wagten (trotz immer noch explodierender Bomben mit Zeitzündern) bevor in der Innenstadt der tödliche Feuersturm einsetzte und auch der letzte Sauerstoff im tiefsten Kellerverlies geraubt wurde.

Tags: Fichtlisches Palais, Fichtlischer Hof Würzburg, Hof des Ludwig von Fichtel Würzburg.

1 Kommentar:

  1. Guten Tag, wissen Sie zufällig warum Herr Fichtel den Hof von Herrn Lanius erbte? Waren die Herren verwandt? Danke für die Rückmeldung.

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